Mein Privat-Energie-Projekt zuhause, ein paar Details zu meinen Analysen und einige Aufbaudetails meiner PV-Anlage der Leistung 550 Wp als Balkon-Solaranlage. Sie läuft mittlerweile am dritten Wohnort und seit über drei Jahren problemlos. Den Standort, die Ausrichtung und Verkabelung sowie die Auswertung habe ich laufend weiter optimiert.
Zusammenfassung
Ich verwende zwei gebrauchte Module, polykristallin der Größe knapp 2 m mal 1 m, mit Alurahmen 5 cm dick von Firma Suntech der Leistung 275 Wp:
Nach der erstmaligen Inbetriebnahme am 3. Mai 2019 hatte ich innerhalb von acht Wochen 155 kWh erzeugt (bei cosphi=1, konnte damals nur die Scheinleistung messen). Der Großteil dieser Energiemenge ging in der Grundlast des Wohnungsverbrauchs unter. Wenn tagsüber die Waschmaschine läuft, der Herd an ist oder die Spülmaschine läuft geht die Energie auch noch besser im Eigenverbrauch unter und es wird Netzbezug weiter reduziert. Der Überschuss wird an den Übertragungsnetzbetreiber verschenkt, eine Batterie wäre Projektausbauplan Priorität 2. Das lohnt sich vom Preis her aber noch nicht (Stand 2022), vor allem die kleinen sind oft deutlich teurer als 1000 EUR/kWh, wohingegen eine im Elektroauto viel günstiger wäre – die neuen BEV (Battery Electric Vehicles) können sogar schon mit 3,5 kW zurückspeisen (Beispiel Hyundai IONIC 5). Nur eine Selbst-Bau DIY Lösung wäre denkbar, der YouTuber Andreas Schmitz kommt hier sogar schon auf unter 200 EUR/kWh für seine 22 kWh Batterie aus LiFePO4 Zellen.
Disclaimer Warnung
PS: Dies ist keine Bauberatung und keine Empfehlung, mein Text dokumentiert nur mein eigenes Projekt, wenn Ihr das selbst bauen wollt macht Ihr das auf komplett eigene Verantwortung. Der Umgang mit 230 V Spannung ist durchaus gefährlich! Offiziell ist nur handwerkliche Fachwerksleistung erlaubt, weiterhin genehmigt der deutsche Gesetzgeber mittlerweile auch nur 600 Wp Balkon-PV-Leistung, die dann beim Marktstammdatenregister anzumelden sind. [Update Dez 2023: 800 Wp, rückwärts drehende Zähler und normale Schuko-Stecker könnten bald erlaubt sein] Die Versicherung ist noch ein weiteres Thema, prüft was Eure Brandschutzversicherung davon hält. Habt ihr Fahrlässigkeit eingeschlossen? Haftplichtversicherung wird auch mancherorts gefordert, aber oft auch leicht einschließbar.
Technische Details zur Verkabelung
Die beiden DC-Steckerpaare (+/-) werden über MC4 oder SunClix PhoenixContact mit den PV-Modulen verbunden. Dabei sollte man tunlichst auf gute Steckerkontaktierung und Nässeschutz achten, ich habe schon einige Kollegen gesprochen wo exakt dies die Schwachstelle für einen Defekt durch Durchschmoren der Leitungen war. Der Wechselrichter besitzt zwei MPP-Tracker (Maximum Power Point) und kann so jedes Modul je nach Verschattung jeweils im optimalen Betrieb einspeisen lassen. Dies vermindert Leistungsverluste bei Teilverschattung.
In das Alu-Profil des PV-Modul-Rahmens lässt sich einfach ein Loch Bohren (Metallbohrer), und daran mit Holzschrauben eine Dachlatte befestigen die dann wiederum den Inverter tragen kann. Etwas fummelig und nicht besonders leicht zu handeln war mein AC-Stecker von Firma Hirschmann, der mit dem Adernquerschnitt nicht so leicht zurecht kam (3×2,5 mm²). Bei der geringen Leistung von hier nur maximal 550 Watt sollten auch 3×1,5 mm² ausreichend sein. Erst bei Leistungen von über 2 kW wie einem E-Herd sollte man noch größere Querschnitte verwenden.
Komponenten
- Mikro-Wechselrichter ist von alpha-solar bestellt worden, EVT560, 560 Watt, mit zwei MPP-Trackern, chinesisches Fabrikat, 200 EUR (Update April 2022: Jetzt kostet der Wechselrichter 300 EUR, wegen Chipkrise, Misswirtschaft und Ukraine-Krieg) [Nächstes Update Dez 2023, der Markt normalisiert sich wieder, besonders Module aber auch WR kosten nur noch einen Bruchteil bzw. deutlich weniger]
- Stecker PhoenixContact Sunclix für DC +/- von Conrad, und einen Hirschmann-Stecker für AC über den Schuko-Stecker an die Steckdose (mancherorts wird auch eine kontaktsichere Wieland-Steckdose vorgeschrieben oder empfohlen) Da dieser Wechselrichter aber sowieso keinen Strom ohne Netzsynchronisation durchleitet, ist ein Stromschlag hier ausgeschlossen.
- Energiezählung über den Voltcraft Energy Logger 4000, der schreibt mehrere Monate lange jede Minute I, U und cosphi mit, ein Auslesetool gibt’s beim photovoltaikforum hier: https://www.photovoltaikforum.com/thread/114969-voltcraft-energy-logger-4000-export-datei/?t=114969
- Neu installiert habe ich jetzt einen FRITZ!DECT 200 Steckdosen-Adapter, die über meine FRITZ!Box 7530 alle Daten mitschreibt, E-Mail-Infos zuschickt und sich sogar nachts abschaltet, um den Wechselrichter-Standbyverbrauch auf 0 zu setzen.
Auslegung
An meinem alten Wohnort in Neuendettelsau: Ein kleines bisschen Schatten kommt morgens auf die Module (siehe Screenshot oben), die sich knapp unterhalb der Dachrinne auf langen Holz-Dachlatten befestigt einhaken, um nicht vom Sturm heruntergeweht zu werden. Der Anstellwinkel der Module ist 0 Grad, das Dach hat eine geschätzte Neigung von 3 ° nach Westen.
Die erste Installation wurde denkbar einfach realisiert auf der Terrasse, die Module auf die Überdachung des Fahrrad-Unterstandes zu montieren wäre die bessere Lösung, die Sonne kam nur in den Wintermonaten von November bis Februar nicht über das Dach des gegenüberliegenden Hauses.
Sicherheit
Mitte Mai 2022 war ich auf der intersolar / smarter e (TSEE) Messe in München, wo auch auf Fachvorträgen nun die Betriebssicherheit von solchen Stecker-Solaranlagen auf der Agenda steht. Eine mögliche Lösung wäre beispielsweise über einen Messstrom aus dem Inverter die Kabelstränge zu prüfen, um dann über Impedanz und Widerstände etwaige Beschädigungen festzustellen. Der Markt entwickelt sich schnell, und ich bleibe auf dem aktuellen Stand.
Gerichtsurteile
Ein Streitfall vor dem Amtsgericht Stuttgart (AZ 37 C 2283/20) ergab, dass ein Mieter das Recht zur Installation einer Balkon-Anlage hat, der Vermieter kann das nicht grundsätzlich verweigern, sofern die Optik, keine baulichen Eingriffe und fachmännisch sichere Installation gewährleistet sind. Das Gericht hat auch den Rückbau abgewiesen und dem Mieter Recht gegeben. Auch eine Klausel die dies im Mietvertrag verbietet kann ungültig sein. Umweltschutz hat seitdem einen höheren Stellenwert als die Vermieter-Interessen. Zudem freue ich mich schon, wenn ab Sommer 2022 auch Vermieter an den Strom- und Energiepreisen mitbeteiligt werden sollen, um endlich etwas bei der installierten Photovoltaik-Leistung in Deutschland voran zu bringen.
[Dez 2023: Auch YouTuber Andreas Schmitz berichtet von Gerichts-Klagewellen, in einem Fall hat letztendlich jedoch auch der Mieter Recht bekommen, bzw. der Vermieter aufgegeben und aufgehört weiterzuklagen]
Ertragsanalyse
Jetzt an nun meinem dritten Wohnort, in Coburg, habe ich die beiden Module fast optimal angewinkelt im 30° nach Süd angestellt. Der Schatten des Hauses im Süden bleibt ab Ende März kürzer als bis zu den Modulen, und ich habe fast von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang volle Sonne drauf. Hier ein Screenshot vom 19. April 2022 aus der FRITZ!Box Oberfläche, wo fast täglich jetzt 3 kWh erzeugt, eingespeist und mitgeloggt werden. Seit 2021 benötigt man ein App-Passwort vom Mail-Provider wie z.B. Google, das dann in der FRITZ!Box als Login für die Zusendung der Push-Mail eingetragen wird. Der Mail-Push Report umfasst dann die viertelstundengenaue Erfassung z.B. der letzten 24 Stunden.
Die Analyse am Zähler im Keller zeigte auch hier in der neuen Wohnung wieder: Etwa zwei Drittel der erzeugten Energie können wir selbst verbrauchen, ein Drittel wird vergütungslos ins Netz eingespeist. Die FRITZ!Box summiert die Energiemengen auf und speichert auch die letzten zwei Jahre die Historie der Monatserträge (wird noch erweitert, habe mit den Enwicklern Kontakt).
Langzeitmessung
Jetzt im Juni 2022 habe ich einmal zurückgeblickt, wie die Erträge über den Jahresverlauf im Vergleich von Monat zu Monat aussehen. Deutlich: Der März 2022 hatte fast genau so viel Ertrag wie der Mai 2022, mit 62 zu 63 kWh. Nun in der neuen Aufstellung (neue Wohnung) habe ich die Module auch ca. 35° Süd angestellt, vor November 2021 waren das ca. 3° West.
Zudem habe ich nun auch eine temporäre eine Verbrauchsmessung installiert, um die Eigenverbrauchsoptimierung weiter voranzutreiben. Siehe das Bild unten, auf den Phasen L1, L2 und L3 ein Funk-Sensor.
Rentabilität
Eine Amortisation der ganzen Anlage tritt somit innerhalb weniger Jahre ein, bei optimaler Einstrahlung ohne viel Verschattung, Eigenbau von Verkabelung und Gebrauchtkauf von PV-Modulen, sowie günstige Eigenbau-Montierung und Aufständerung kann sich so eine Balkon-Solaranlage bei den heutigen Strompreisen (30 bis 40 oder sogar 50 €cent/kWh) schon nach 3 Jahren bezahlt machen. Relevant dabei ist natürlich der Eigenverbrauchs-Anteil, grob sind das 2/3, genauer müsste man es messen. Optimieren kann man nach Sonnenstand natürlich die Kocherei, den Waschvorgang oder die Spülmaschine.
Aber Vorsicht: Je größer die Peak-Leistung der Anlage, desto stärker sinkt auch der Eigenverbrauch, und damit der große Hebel für eine schnelle Amortisation. So mancher Energieberater rechnet hier überschlägig total falsch, statt nach 10 Jahren amortisiert sich so manches Angebot erst nach über 20 Jahren. Zudem halten Wechselrichter und auch Batterien nicht so lange wie die Solar-Module, wohingegen PV-Module schon mal 30 Jahre halten können (und sogar teils garantiert werden), sind die Garantien von Wechselrichtern und Batterien meist nach 10 Jahren zu Ende.
Degradation
Zum Thema Leistungsabbau und Alterung der PV-Module kann man folgendes sagen: Einerseits hat sich die natürliche Sonneneinstrahlung über die letzten drei, vier Jahrzehnte erhöht, weshalb im Jahr 2022 mehr Energie als 2002 aus den Panels kommt. Darüber hinaus werden PV-Module herstellerseitig meist mit +5 Watt Toleranz verkauft, weshalb immer eine Streuung von Panels in einer Charge besteht, es wird immer eine Mindest-Leistung verkauft, die reale Leistung der Module liegt meistens ein paar Promille höher. Darüber hinaus zeigt die Analyse der vergangenen PV-Projekte auch, dass man viel zu konservative Ertragsprognosen angestellt hat. Weder die Materialqualität, noch die Trübung des Glases, oder die Sedimentation bzw. Verschmutzung der Module trägt viel zur Degradation bei, man hat die Garantie-Erträge der PV-Anlagen grundlegend unterschätzt. Auch bei über 10 Jahre alten Modulen kommt wie es scheint (wie auch bei meinen hier) noch der selbe Energieertrag an, der im Jahr 1 des Betriebs prognostiziert war. (Kann ich aber nicht rückprüfen).
Energiezähler
Falls jemand noch einen alten Ferraris-Drehstromzähler verbaut hat (die der Netzbetreiber aber grade schnell abbauen möchte), dreht sich der sogar bei Überschuss-Einspeisung rückwärts! (diese Betriebsweise ist aber wer hätte es gedacht – in Deutschland leider verboten) 😉 Wie man Bürokratie richtig macht zeigen die Holländer, dort drehen sich die Zähler auch offiziell einfach rückwärts und darüber wird ganz einfach abgerechnet!
Soweit belasse ich die Energiezählung visuell direkt an der Einspeisung über einen Voltcraft Energy Logger 2000, und darunter noch ein FRITZ!DECT200 Zähler, der mir die Werte in die FRITZ!Box speichert. Mit den Entwicklern dort bin ich in Kontakt, dass die Anzeige, Protokollierung und Speicherung der Ertragsdaten laufend verbessert wird.
Wenn noch mehr Details dazu gewünscht sind, kann ich gerne mehr dazu erklären!
[Update Dez 2023: Nun bewegt sich was. Die Politik hat das Thema aufgegriffen, und will Erleichterungen auch für Mieter einführen, die Leistungsgrenze auf 800 Wp erhöhen, den Anschluss via Schuko-Stecker erlauben und sogar rückwärtsdrehende Ferraris-Zähler übergangsweise erlauben! Leider sind wir wieder umgezogen und die Bedingungen sind etwas komplizierter, mit einem Wohnungsbaukonzern lässt sich eben nicht so leicht diskutieren, und es werden fadenscheinige Abwehrargumente aufgeführt wie „Das elektrische Verteilnetz der Stadt wäre zu schwach“]
Gut Licht wünscht
Christian
Die Idee mit der Dachlatte ist super! Zur Not komme ich drauf zurück. Es ist schon erschreckend worauf man bei so genannten ‚plug & play‘ Systemen achten muß….
Gruß aus der Lünebuger Heide!
Bernhard
Hallo Bernhard, nunja als Mieter muss man ne Kompromisslösung finden, dass die Eigentümer nichts dagegen einwenden können. Also Löcher in die Dächer bohren geht natürlich nicht, dafür einfach einklemmen und mit Gepäckspannern befestigen 🙂 Die Panels rennen jetzt auch weiter nach nochmaligem Umziehen – grad jetzt im Winter auf 60° angestellt kommen auch > 400 Watt raus 🙂
Viele Grüße
Christian